Die »Neue Reihe« der Studia hermeneutica beginnt mit einem Sammelband, der die internationale Tagung »Toleranz, Pluralismus und Lebenswelt« dokumentiert, welche 2001 an der Universität Zadar (Kroatien) stattfand. Philosophiehistorische und systematische Beiträge setzen sich mit Begründungen und gegenwärtigen Herausforderung der Haltung der »Toleranz« auseinander. Dass gerade die Philosophie angesichts eines gesellschaftspolitisch (erneut) brisanten Themas einiges zu sagen hat, macht Hans Ineichen deutlich: »Auch die Philosophie hat eine Verantwortung für die Gestaltung einer lebenswerten und friedlichen Zukunft, welche es nicht nur einer privilegierten Minderheit erlaubt, ein menschenwürdiges Leben zu verbringen, sondern allen Menschen aller Länder« (69).

Neben Untersuchungen zu Toleranz- und Freiheitskonzepten bei Erasmus von Rotterdam, Immanuel Kant, Friedrich Schlegel, John Locke, Martin Heidegger, Moritz Schlick und John Rawls ist vor allem der Beitrag von Karen Joisten von Interesse, die eine Phänomenologie der Innen- und Außenbeziehungen des menschlichen Lebens entwickelt (»Das Haus, die Tür und die Wege«). Menschsein ist geprägt von einer »Doppelstruktur, für die das Wohnen und das Gehen, das Sich-Binden und das Sich-Ausrichten konstitutiv ist« (112). Dementsprechend wird Toleranz »als individualethische Forderung im Haus und als sozialethische auf dem Weg sichtbar« (132), ohne die der Mensch entweder »unheimisch« wäre, also »unfähig, durch die Tür nach drinnen zu gehen«, oder »ein Spieler ohne Regeln«, d.h. »unfähig, einen Schritt nach draußen zu setzen«. Toleranz entspringt also der inneren Verfasstheit des Menschen und hat »der Eigenart des Hauses und des Weges, auf dem der Mensch unterwegs ist« (133), zu entsprechen.