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Raúl Fornet-Betancourt & Hans-Jörg Sandkühler (Hg.)

Begründungen und Wirkungen von Menschenrechten im Kontext der Globalisierung

Dokumentation des VIII. Internationalen Seminars des Dialogprogramms Nord-Süd

Raúl Fornet-Betancourt / Hans-Jörg Sandkühler (Hg.):
Begründungen und Wirkungen von Menschenrechten im Kontext der Globalisierung. Dokumentation des VIII. Internationalen Seminars des Dialogprogramms Nord-Süd.
Frankfurt/M.: IKO, 2001.
244 Seiten
ISBN 3-88939-591-0
book cover
IKO – Verlag für Interkulturelle Kommunikation:
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Foren:

I: Kontexte der Globalisierung

II: Philosophie der Menschenrechte im Nord-Süd-Dialog

III: Praxis der Menschenrechte

Das Dialogprogramm Nord-Süd versteht sich als interkulturelles, interdisziplinäres Gespräch zwischen verschiedenen Arten, »konkrete Zeitfragen ›auf den Begriff zu bringen‹« (Fornet-Betancourt). Bei dem VIII. Internationalen Seminar des Dialogprogramms nahm man sich der Menschenrechte an, um sie in ihrer konkreten Gestalt in der Epoche der Globalisierung zu erörtern, sie so zu kontextualisieren und dabei das Augenmerk auf ihre (pluralen) Begründungen und Wirkungen zu legen.

In drei Foren gegliedert, durchkreuzen die Beiträge das weite Feld des Themas. Das Spektrum der Ansätze und Zugänge reicht von Enriques Dussels zitatgespickter Architektonik der »Veränderung des Rechtssystems« bis zur »Menschenrechtsarbeit von missio« (August Rößner). Für (fast) alle gilt jedoch der Satz, den Raúl Fornet-Betancourt zur Einführung schreibt: »Vorausgesetzt: Globalisierung bedeutet heute … einen Prozess, der soziale Exklusion produziert, so will das … besagen, dass wir von Menschenrechten im Kontext des Systems, das eben die Menschenrechte bedroht, zu sprechen haben.«

Im Forum I (Kontexte der Globalisierung) charakterisiert Jörg Huffschmied die neo-liberale Globalisierung als politisches und gesellschaftliches Projekt und widerspricht damit der These von der Unausweichlichkeit von Liberalisierung und Sozialabbau, deren konkrete Auswirkungen (und ihr Zusammenprallen mit den Menschenrechten) in Bezug auf Afrika Raymond B. Goudjo und Philippe Richard schildern.

Dass die Reflexion über strukturelle Verletzung von Menschenrechten kein Phänomen erst der letzten Jahre ist, zeigt der Beitrag von Manfredo Araújo de Oliveira. In dem er die Geschichte der lateinamerikanischen Philosophie der Befreiung rekapituliert, zeigt er, dass diese seit ihrer Entstehung in einem und über ein System philosophierte, welches Rechte verunmöglicht. Demnach sind die »Menschen der Rechte« für die Philosophie der Befreiung nicht jene selbständigen, individualistischen Monaden, die unbehelligt von staatlicher Willkür ihren Geschäften nachgehen wollen, wie sie Marx als Basis der europäischen Theorie beschreibt, sondern die Armen, die Rechtlosen. Zu den Erfahrungen, welche sich in Oliveiras Text aussprechen, gehört darüber hinaus ein geschärfter Blick für die Kontexte der Rede von Menschenrechten, dafür, wer von Menschenrechten spricht, bzw. von welchen Rechten unter welchen Umständen gesprochen wird.

Wie wertvoll dieser Vorbehalt für eine interkulturelle Perspektive sein kann, zeigt sich in den Beiträgen von Hyondok Choe und Dieter Senghaas. »In jeder Gesellschaft muss erneut untersucht werden, in welchem Kontext der Begriff ›Menschenrechte‹ adoptiert wird, welche Machtverhältnisse um diesen Begriff existieren«, schreibt Hyondok Choe in ihrer Arbeit über die Menschenrechte der Frauen in Südkorea, in der sie mit einer leichten, an Foucault geschulten Geste das Gespenst der monolithischen, homogenen »Kulturen aus einem Guss« verscheucht und die innerkulturell vorhandenen Brüche und Konflikte aufzeigt. In die gleiche Kerbe schlägt Dieter Senghaas, wenn er in seinem Beitrag schreibt: Ob die Idee der Menschenrechte siegen wird, »hängt nicht von uralten kulturellen Vorprägungen ab«, sondern entscheidend dafür sind »politische Kräftekonstellationen im Kontext von Entwicklungsprozessen«.

Pepe Egger

polylog. Forum für interkulturelle Philosophie 4 (2003).
Online: http://www.polylog.org/lit/4/sfrep-de.htm
ISSN 1616-2943
Quelle: external linkpolylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren 8 (2001), 85.
Autor: Pepe Egger
© 2003 Autor & polylog e.V.
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