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Emerich Coreth

Gott im philosophischen Denken

Emerich Coreth:
Gott im philosophischen Denken.
Stuttgart u.a.:
Kohlhammer,
2001.
303 Seiten
ISBN 3-17-016723-5
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Kohlhammer Verlag:
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Im heterogenen und umfassenden Problemfeld der westlichen Philosophiegeschichte nimmt die Gottesfrage zweifellos einen besonderen Platz ein. So ist der Ausdruck »Gott der Philosophen« ein Gemeinplatz unter den Gelehrten in diesen Fragen, und sie produzieren ständig neue Darstellungen über ihn. Mit ihm wird ein mehr oder weniger homogener Komplex von traditionellen philosophischen Reflexionen über Gott bezeichnet, die im Gegensatz zu jenen zu stehen scheinen, die ihren Ursprung im religiösen oder theologischen Kernbereich haben. Emerich Coreth dagegen richtet sein Werk nicht in dieser Weise aus, sondern beschränkt sich auf seiner Meinung nach wesentliche Anmerkungen, die im Laufe der Philosophiegeschichte einige hervorragende Denker in ihrer Behandlung der Thematik gezeitigt haben.

Die Struktur des Werkes entspricht diesem am Einzelfall orientierten Vorhaben: Es ist chronologisch geordnet, in einer Zeitreihe, die mit den orientalischen Religionen und vorsokratischen Denkern beginnt und bis zu unseren Tagen reicht, und bringt auch kurze Übersichten, in denen die Merkmale jedes Philosophen auf wenigen Seiten zusammengefasst sind. Dies verleiht dem Buch den Charakter eines Nachschlage- und Überblickswerks, die der Neuling in der Thematik sicherlich zu schätzen wissen wird – findet er doch in den »Rückblicken«, die jedes Kapitel beschließen, zudem ein nützliches Hilfsmittel zum Lernen vor. Denjenigen, die in der Problematik schon bewandert sind oder sich das Werk mit kritischem Geist vornehmen, werden sie wahrscheinlich eher banal vorkommen.

Seit dem Übergang vom Mythos zum Logos, der bei den Vorsokratikern verwirklicht sei, sei der Gottesbegriff also auf viele verschiedene Arten gedacht worden. Eine Form sei die der klassischen Metaphysik mit Sokrates, Plato und Aristoteles als Hauptvertretern, in der es eine Entwicklung vom sokratischen »Gott des Menschen« (45) zum platonischen Demiurg oder letztlich zur aristotelischen Abstraktion gebe, die ihn der Welt enthebe. Ein neues Gepräge ergebe sich jedoch mit der Ausformung des Christentums, das zum ersten Mal in spezifischer Art den Konflikt zwischen Vernunft und Glauben aufwerfe. Das Mittelalter – wahrscheinlich der Ausgangspunkt, von dem aus der Autor die anderen Glieder der Kette geschmiedet hat (257-258) – stelle den Höhepunkt der Reflexion über Gott als die erste – ursprüngliche und grundlegende – Aktivität.

Durch die Moderne und die Aufklärung, die in beträchtlichem Ausmaß am »natürlichen theologischen« Projekt des Mittelalters teilhaben, erreiche der deutsche Idealismus eine neue Form des Bewusstseins, das sich exemplarisch im kantianischen Denken ausdrücke. Es sei dies der Moment der Religionsphilosophie – wir könnten sagen »die Metaphysik und Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft« – und in der Folge von neuen spezifisch modernen atheistischen und positivistischen Bewegungen (Feuerbach, Nietzsche, Marx usw.). Diese atheistische Strömung werde jedoch in dialektischer Weise von einer religiösen Strömung begleitet, die eine Fortsetzung der christlichen Philosophie darstelle (244-255).

Das Buch dokumentiert und erneuert schließlich und endlich die Gottesfrage in der Philosophiegeschichte und gibt damit dem Leser eine solide und nützliche Übersicht zu diesbezüglichen Problemstellungen an die Hand.

Iñigo Medina

Übersetzung aus dem Spanischen von Bertold Bernreuter.

polylog. Forum für interkulturelle Philosophie 4 (2003).
Online: http://lit.polylog.org/4/scemi-de.htm
ISSN 1616-2943
Autor: Iñigo Medina, Madrid (Spanien)
© 2003 Autor & polylog e.V.
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